Lilli und Lilian
sprechen
diesen Ruf nach, bis sie ihn auswendig können. Danach verabschiedet Iva sich,
hebt ihre Arme und fliegt in einer silbernen Wolke durch das Fenster davon.
Nur zwei Kerzen erhellen jetzt
den Raum. Die Dämmerung senkt sich nieder, der Tag will ruhig werden und in die
Nacht übergehen.
„Es ist Zeit, dass wir schlafen,
morgen haben wir wieder viel zu tun. Wir müssen unseren Proviant vorbereiten.“
Er holt sein Bündel und schnürt es auf.
„Lilli, ich kann die
Mistelzweige nicht finden! Wo können sie bloß sein. Zuletzt haben wir sie beim
Ochsenwirt benutzt!“
„Lass mich nachschauen, bitte!“
bittet Lilli. Sie nimmt das Bündel und holt Taschentücher, die lederne
Geldbörse und den Becher heraus. Tatsächlich keine Spur von den Zweigen. Nur
drei einzelne vertrocknete Beeren liegen am Grund des Beutels.
“Wirklich, sie sind fort. Wie
konnte das geschehen?“
„Ich weiß es nicht, Lilli, ich
verstehe es nicht!“ Er vergräbt seine Hände im Haar und fährt darin herum. „So viel
Zauberei, wie wir sie in den letzten Tagen erlebt haben – da wundert es mich
nicht, dass die Zweige auf einmal fort sind. Lass uns doch in die Kugel
schauen, dann sehen wir meine Mutter und Livana.“
„Ich finde, du solltest jetzt
nicht da hinein schauen, sondern dich ausruhen!“
„Nein, dann hätte ich doch erst
recht keine Ruhe.“
„Komm, leg dich hin, morgen früh
ist früh genug. Du bist doch müde.“
„Wie du meinst, Lilli“, er steht
auf, geht zum Bett und legt sich hin.
„Kommst du auch bald ins Bett?“
„Ich räume noch etwas auf, ich
lege mich gleich hin.“
Sie geht mit einer weichen Decke
zu Lilians Bett und deckt ihn zu. Er hat schon die Augen geschlossen. Seine
dunklen Wimpern überschatten die Wangen, sein Haar breitet sich auf dem Kissen
aus. Sein Gesicht sieht angespannt und müde aus. Lilli seufzt, geht zur Tür und
leise hinaus. Die Quelle plätschert und am Himmel blinkt ein Stern besonders
hell. Der Mond hält sich noch versteckt. Sie setzt sich auf die Holzbank neben
der Tür und legt die Hände zusammen. Es ist etwas kühl geworden, die Wipfel
rauschen. Etwas Feuchtes berührt ihre Wange. Stella war leise herbeigekommen.
Lilli steht auf und umarmt sie. Sie spürt das Pochen der Halsschlagader und die
wohlige Wärme des silbrigen Fells.
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