4/19/2018

Letzter Teil


„Livana, alle Fragen beantworte ich dir später, ich bin eine Zauberfee und eure Schutzelfe. Wir haben noch eine Menge vor, lass uns jetzt keine Zeit verlieren. Hier trink das, damit du Kraft für die nächsten Stunden haben wirst. Vertrau‘ mir, alles wird gut werden!“
Sie hält Livana einen Silberbecher hin, sie stützt die schwache Livana, die sich aufsetzt und ein süßes rotes Getränk sieht und es trinkt. Kaum hat sie den Becher geleert, fließt wohlige Wärme durch ihre Glieder, ihre Gedanken werden klar, sie fühlt sich bereit, Iva zu folgen die zu ihr sagt: “Komm Iva, stell‘ dich ganz dicht neben mich, dann fliegen wir bei deiner Mutter ins Fenster hinein.“
Livana folgt Ivas Anweisung, sie fassen sich an den Händen und  fliegen gemeinsam zum Fenster hinaus, das Licht um sie herum wurde schwächer und schwächer und sie sehen aus wie ein herumwandernder Mondstrahl. „Meine Mutter wohnt am Strand in einem kleinen Haus, wo auch ich mit ihr hauste, es ist nicht weit von hier.“ Kaum hat Livana ausgeredet, sind sie schon dort.
„Mutter, öffne bitte, ich komme mit einer rettenden Fee!“
Die Tür öffnet sich wie von selbst und sie treten ein.
„Kommt herein, seid willkommen, endlich endlich sehe ich dich mein Kind!“ und sie umarmt Livana. „Iva, ich habe schon auf euch gewartet, ich wusste, dass ihr bald kommt, ich habe es geträumt. Nun ist auch Lilian nicht mehr weit, ich kann es fühlen.“
„Ja, Lilian ist nicht mehr weit und seine Freundin Lilli und sie werden bald im tiefen Keller meines Schlosses ihr Ende finden!“ ertönt laut eine raue Stimme, ein Rauschen schwillt an, dunkle Schwingen schieben sich durch die Tür und der Zauberer mit seinem weiten schwarzen Mantel landet vor den dreien.
Iva streckt ihren funkelnden Stab  aus und hält ihn genau vor das Gesicht des Bösen. Er schreit auf und bedeckt seine Augen mit den Händen. Schwefelgeruch breitet sich aus.
„So einfach habt ihr es nicht mit mir!“ brüllt er, wirbelt herum, „jetzt kommt euer Verderben!“
Doch die Erde erzittert unter Pferdehufen und plötzlich glitzert eine silberne Kugel direkt in das Gesicht des Zauberers. Er stößt einen fürchterlichen Schrei aus und sinkt zusammen. Eine gewaltige Stichflamme lodert hoch und unter fürchterlichem Brüllen löst sich der schwarze Zauberer in einem Flammenmeer auf.
Livana, ihre Mutter, Lilli und Lilian sehen sich sprachlos an. Alles ist so schnell gegangen, dass sie überwältigt und wie versteinert sind. Der erste der spricht ist Lilian: “Das war in letzter Minute! Mutter, Livana, lasst mich euch anschauen.“ Er zieht sie zu sich und hält sie fest. Sie umarmen sich und weinen. Auch Lilli und Iva umhalsen sich. Leise sind auch Stella und Marengo in die Hütte getreten. Stella stupst Lilian am Arm, Marengo hebt das Bein und streckt Lilli seinen Huf entgegen. Sie umarmt auch ihn und streichelt sein Gesicht.
„Lasst uns diesen schrecklichen Ort verlassen. Kommt, am Strand ankert ein Schiff, schnell, wer weiß, welche Dämonen sonst noch auftauchen werden. Livana, du kannst mit Lilli auf Marengo reiten, Mutter, du reitest bei mir.“
„Und ich kann jetzt erstmal zurück ins Feenland, ihr braucht mich jetzt nicht mehr! Der Abschied von euch fällt mir sehr schwer, meine lieben Freunde.“
„Wir werden dich auch so sehr vermissen, liebe Iva, “ schluchzt Lilli, „hoffentlich treffen wir dich bald einmal wieder ohne gleich in solche Schwierigkeiten zu geraten!“
„Ganz bestimmt, Lilli, wir sind Freunde fürs Leben!“ Sie umarmt Lilli und geht dann zur Mutter hinüber „darf ich Ihnen aufs Pferd helfen, kommen Sie bitte!“
„Danke liebe Iva, “ erwidert die Mutter unter Tränen, „was für ein wunderbarer Tag ist doch heute, dass ich das erleben darf, ich habe meine beiden Kinder wieder bei mir und darf nach Hause.“
„Ja, Mutter, lass uns zurückkehren, es liegt noch ein langer Weg vor uns, den wir hoffentlich ohne Hindernisse schaffen werden!“
„Dafür sorge ich, verlasst euch drauf!“ fügt Iva hinzu.

Sie helfen der Mutter,  Stella zu besteigen, Lilli und Livana setzen sich auf Marengo. Lilian steigt auf und sie reiten dem Strand entgegen. Das Meer schimmert rosa in der Morgensonne. Iva steigt mit einer leuchtenden Silberspur auf ihrer Wolke dem Himmel entgegen wobei sie ihnen mit ihrem Leuchtstab winkt.

4/18/2018





„Frage nicht, Lilian, nimm‘ alles so hin, was dir widerfährt und hab‘ Vertrauen in deine Kraft und dein Urteilsvermögen!“ erwiderte Iva und lächelte die beiden an.
„Danke Dir, Iva, wir möchten deine köstliche Gastfreundschaft dann bald verlassen. Du weißt, wie die Zeit drängt. Wir werden weiterreiten müssen.“
„Das sollt ihr auch. Ihr werdet so lange reiten, bis ihr an einen Fluss kommt. Dieser Fluss mündet ins Meer, in dem die Insel Sturmland liegt. Ihr werdet den Weg finden, die Zeichen könnt ihr nicht verfehlen. Eure Pferde stehen schon bereit.“
Sie erheben sich. An der Tür steht Silana. Sie danken ihr und tragen ihr Grüße auf an Rina. Dann treten sie hinaus ins Freie. Der Mond war gesunken und am Horizont zeigt eine lichte Linie, dass der Morgen bereits naht.
„Ich habe noch etwas für dich, Lilli!“ sagt Iva und zieht aus ihrem Gewand eine silberne Kette, an der eine Mondsichel hängt. „Das wird dich an mich erinnern und daran, dass auch du unverzagt vorausschauen sollst und dir keine Sorgen machen musst!“ Sie hängt Lilli die Kette um  und küsst sie zum Abschied auf die Stirn und Wangen. Lilli umarmt sie und flüstert „Danke, danke dir Iva, ich weiß nicht wie ich dir danken kann!“
Danach steigen beide auf ihre Pferde und reiten davon.

Im Sturmland
Lilians Mutter wartete indessen sehnsüchtig auf ihre und Livanas Erlösung aus den Klauen des Zauberers. Livana war in Hungerstreik getreten und das machte ihn wahnsinnig. Er hatte sich endlich am Ziel gewähnt, Livana zu seinem Eigentum zu machen und nun entzog sie sich ihm mit diesem Hungerstreik. Seine zauberische Macht schien vor ihr zu versagen, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Er konnte noch so viel Fluchen und Toben, es half nichts.
Selbst ein Umzug aus dem Häuschen am Strand in sein Schloss und eine bequeme Zimmerflucht hatte sie nicht umstimmen können. Er hatte nicht gewagt, ihr zu drohen oder sie zu quälen, denn dann wäre alles umsonst gewesen, sein Ziel zu erreichen und sie zu heiraten.
In ihrer einsamen Zimmerflucht an der anderen Seite des Schlosses, die dem Inneren der Insel zugewandt war, drehte Livana sich im Halbschlaf in ihrem Bett von einer Seite zur anderen. Sie fror um diese Nachtstunde. Das Zimmer war schwach vom Mondlicht erhellt, doch der matte Schimmer breitete sich plötzlich langsam aus und erhellte sich gleichzeitig so, dass Livana die Augen aufschlug. Sie blinkte ein paarmal, doch was sie sah, war keine Täuschung: eine lichte Gestalt, engelsgleich, die einen Stab in der Hand hielt, der an der Spitze Funken sprühte. Die Gestalt begann zu sprechen:
„Livana, hab‘ keine Angst, ich bin Iva, eine Freundin deines Bruders Lilian und seiner Freundin Lilli. Ich bin gekommen, um auch dir beizustehen wie den beiden anderen. Sie sind jetzt auf dem Weg zu dir. Bitte zeig‘ mir jetzt den Weg zum Zimmer deiner Mutter und dann besprechen wir alles Weitere.“
Livana blinzelte, sie konnte kaum glauben was sie sah und hörte.

„Woher weißt du, dass ich hier bin, Iva, und wann hast du meinen Bruder gesehen?“


4/17/2018


„Marengo“, schluchzte sie, „dass ich dich wiederhabe.“ Lilian streichelte Stella. Sie folgten Iva durch eine mit einem Rundbogen geschmückte Tür in eine große Halle, an deren Wänden Hunderte von Lichtern schimmerten und die den bläulichen Schein der Kacheln zurück warfen. An einem niedrigen, mit ziselierten Mustern geschmückten Messingtisch saß auf einem Lederpolster eine schwarzgekleidete und verschleierte Frau.
Als sie die Eintretenden erblickte, erhob sie sich und ging mit ausgebreiteten Armen auf sie zu.
„Seid willkommen!“ rief sie und verbeugte sich. „Endlich seid ihr sicher hier angekommen. Ich bin Silana, Rinas Mutter. Iva hat mich hierhergebracht, damit ich eure Ankunft vorbereiten kann.“
Als Lilli und Lilian sich sprachlos anschauten, lachte Iva fröhlich.
„Eure Tochter hat so wunderbar für uns gesorgt. Wir haben es so bedauert, Euch nicht begrüßen zu können. Nun können wir dies nachholen und in der überraschendsten Weise!“ ruft Lilian.
„Kommt jetzt bitte, ich zeige euch das Badehaus, frische Kleidung liegt auch dort für euch bereit. Danach könnt ihr euch dann erfrischen mit unseren Speisen und ausruhen.“ Sie winkte mit der Hand, schritt voran durch eine Seitentür. Auch Iva bedeutete den beiden, ihr zu folgen und das taten sie.
Das Badehaus war in einen Teil für Frauen und einen Teil für Männer geteilt. Eine natürlich warme Quelle speiste beide von außen.  Lilli setzte sich auf einen Beckenrand und ließ das warme Wasser über sich rieseln und wusch ihr langes Haar.  Sie spielte mit dem Wasser und dachte dabei staunend daran, was alles geschehen war, seit sie auf der Frühlingswiese mit den Hasen gespielt hatte. Wie fern erschien ihr dies nun.
Erfrischt und in die neuen weichen Kleider gehüllt, ging sie zurück in die Halle. Dort wartete Iva. Lilian kam auch gerade in seinen seidig glänzenden Gewändern. Silana führte beide in einen Speisenraum, wo sie wieder ähnlich wie bei Rina mit Reis, Hammelfleisch und Gemüse und duftendem Tee bewirtet wurden. Iva setzte sich zu ihnen.

Lilian nahm einen Schluck Tee und fragte: „Iva, womit haben wir es verdient, dass du uns so wunderbar zur Seite stehst?“

 

4/16/2018


Sie hätten dich auch gefressen, Lilian, nicht nur mich, denn sie werden bestimmt gleich bemerkt haben, dass das Pferdefleisch, das sie sich erhofft hatten, nur Luft war! Hoffentlich müssen wir sie nie mehr wiedersehen, sie werden sich sonst furchtbar rächen wollen!“
„Ihr braucht sie nicht mehr zu sehen, liebe Freunde!“ hören sie Ivas Stimme. Sie fliegt ihnen  auf einer Wolke entgegen „ihr dürft gleich zu mir auf die Wolke steigen und dann fliegen wir zur Oase wo Stella und Marengo schon auf euch warten! Die Wüstenhundkatzen bewachen zwar das Tor, aber in die Wüste hinein kommen sie nicht. Von der Oase geht es dann ins Sturmland. Ich begleite euch!“
„Iva, wie können wir dir nur danken, dass du uns gerettet hast!“ ruft Lilli und will nieder knien. „Steh auf, Lilli, es gehört zu meinen Aufgaben, euch Menschen beizustehen!“
„Iva, lass uns weiterziehen, unsere Zeit ist begrenzt, wir müssen uns sehr beeilen, ins Sturmland zu kommen!
„Ich weiß, ich weiß, darum helfen wir ja alle mit, vertraue mir.  Kommt, ich bin bereit!“


In der Oase

Mit Rauschen und Sausen bewegt sich die Wolke vorwärts, schneller und schneller. “Gleich fliegen wir nach unten, haltet euch an den Händen.“ Unter ihnen spiegelt sich der Mond im glitzernden Wasser, Palmen werfen schwarze Schatten.

Sie spüren weichen Boden unter den Füßen, die Silberwolke entschwindet. „Kommt mit mir!“ mit diesen Worten legt Iva ihre Arme um die Schultern der beiden und führt sie in den Innenhof eines marmornen Gebäudes. Ein Wächter nickt ihnen zu, er kennt Iva nur allzu gut. Lilli bricht in Tränen aus, als sie die Pferde sieht und stürzt auf Marengo zu. Sie umarmt und streichelt ihn und will ihn mit ihrem tränennassen Gesicht nicht mehr loslassen.


4/15/2018

„Schon lange haben wir kein so zartes Mädchenfleisch mit unseren Zähnen zerrissen und genossen…hmmm….das brauchen wir schon lange!“ Als Nachtisch das Pferdefleisch…bei diesen Worten floss der Speichel aus den Mäulern der beiden Ungeheuer und wieder lachten sie ihr kreischendes dämonisches Lachen…
Gerade als Lilian Lilli etwas zuflüstern wollte, da rief sie laut mit aller Kraft und das Echo warf die Worte hunderfach ins Universum zurück:

„Iva, Iva, komm‘ herbei,
wir müssen schützen unser Wohl,
Eile und dann sind wir frei
Und niemand uns verderben soll!


Ein Rauschen erfüllte die Luft, ein heller Schein erschien am Himmel. Eine unsichtbare Kraft schob die Pferde vorwärts, den Wüstenhundkatzen entgegen. Lilli und Lilian fanden sich eingehüllt in eine silberne Wolke wieder, wurden hochgehoben und flogen über Felsen, Krater, Knochen, Sträucher mitten in die Wüste hinein. Sie hörten das wütende Aufheulen der Wüstenhundkatzen und sahen sie als Schatten hochspringen und vergeblich versuchen, ihre scharfen Tatzen hinterher zu recken. Vergeblich.„Gerade zur rechten Zeit hast du Iva gerufen, Lilli, was wäre sonst bloß aus uns geworden?



4/14/2018

„Da sind sie!“ flüstert Lilli. Kaum hat sie die Worte ausgesprochen, hallen sie von den Felsen flüsternd zurück „da sind sie…da sind sie…da sind sie…“ Eine kalte Hand scheint ihr Herz zum umklammern, so sehr erschrickt sie. Sie schaut Lilian an, sagt nichts, beide wissen, was das bedeutet: sie können sich nicht mehr verständigen wenn alle Worte als Echo zurückkommen.
„Tretet nur näher!“ fordert die eine Wüstenhundkatze sie auf – „was bringt Euch zu uns?“
„Seid gegrüßt!“ antwortet Lilian. „Wir sind auf dem Weg ins Sturmland und dürfen keine Zeit verlieren. Bitte gebt uns den Weg frei. Es geht um Leben und Tod! Bitte!“
„Wir hier stellen die Bedingungen, denn wir bewachen die Wüste und ohne unsere Erlaubnis kommt hier niemand durch“ antwortet das andere Ungeheuer mit einer hämischen rauen Stimme.  „Dazu fordern wir von jedem einen gebührenden Tribut. Niemand darf umsonst die Wüste durchqueren. Ihr werdet uns Eure Pferde geben und dazu  Eure Begleiterin überlassen.“ Ein lautes kreischendes Gelächter folgt, das bei Lilian und Lilli eine Gänsehaut erzeugt und Lilli zum Zittern bringt. „Das könnt ihr nicht verlangen, das nicht!“ ruft er verzweifelt. „Sind denn die Pferde nicht genug?“ Wieder folgt das kreischende Gelächter und wird vom Echo zurückgeworfen.



4/13/2018

Stella nickte und begann dann wieder im Sand zu kratzen, genau wie vorher auf der Wiese, ging weiter, einer unsichtbaren Linie eines Vierecks folgend. Wieder stieg ein Nebel auf und hüllte beide Pferde ganz und gar ein. Als er sich verzogen hatte, standen dort immer noch zwei Pferde, die Stelle und Marengo glichen. Sie schimmerten in einer kaum wahrnehmbaren Weise, ein Leuchten ging von ihnen aus. Lilli und Lilian blickten sich an.
„Was für schöne Pferde!“ bemerkte Lilli. „Sie werden uns sicher Glück bringen, nicht wahr?“ „Genauso wird es sein!“ versicherte ihr Lilian und lächelte. Er ergriff das weiße Pferd am Zügel. „Lass uns gehen Lilli, es ist nicht mehr weit!“
Auch Lilli nahm den Zügel des braunen Pferdes und langsam folgten sie der ansteigenden Piste. Am Ende fanden sie sich auf einem Plateau wieder, von wo sie den Mond erblickten, wie er von einer Wolke umhüllt über der flach sich hinstreckenden Wüste unten schwebte. Am Horizont hoben sich gezackte Felsen vom Himmel ab. Auf dem Boden unter ihnen  konnten sie ringsherum verblichene Knochenstücke, Tier- und Menschenschädel ausmachen. Sie leuchteten geisterhaft im Mondlicht. Unter einem Torbogen darin lagerten rechts und links die Wüstenhundkatzen, zwei Wesen, wie Lilli sie noch nie erblickt hatte. Selbst Lilian erschauerte vor ihrem Anblick. Beide ähnelten in der Größe ausgewachsenen Tigern. Mächtig lagen ihre spitzschnauzigen Köpfe auf den ausgestreckten Vorderläufen, ihre gewaltigen Ohren zuckten. Ihre langen Schwänze peitschten den Boden und es schien, als ob ihren rotglühenden Augen nichts entging. Beide  hatten ein schwarzgelb geflecktes Fell, lange buschige Mähnen umrahmten ihre Köpfe.



Sie haben alles fertig gepackt und stehen mit den Pferden zusammen mit Haruna und Rina vor der Eingangstür.
„Bitte seid vorsichtig, nicht mehr lange und die Dunkelheit wird einsetzen.“
„Danke Euch für alles, für Eure Gastfreundschaft und Hilfe. Alles wird gut, wir sind geschützt.“
„So sei es!“ Haruna und Rina grüßen mit der Hand auf dem Herzen. „Grüßt auch Zinna!“ fügt Lilli hinzu. Sie steigen auf und rufen: “Wir sehen uns wieder!“
„So schade, dass sie nicht bleiben konnten, “ murmelt Haruna, als sie wieder ins Haus gehen!“
Das Wechselspiel
Die Sonne steht recht tief als sie ruhig dahintraben. Sie reiten bald über spitze Steine und braunen Sand, das Land um sie herum wellt sich in schwarzen Dünen, die beginnen, in der Sonne zu glimmen. Kein Baum war zu sehen, nur dornige Sträucher krallen sich hier und da in den Sand. Leicht steigt der Weg an. Lilian bringt Stella zum Stehen und steigt ab. Ohne dass Lilli etwas tut, macht Marengo das Gleiche. Er beginnt zu schnauben und wirft den Kopf in die Höhe.
Lilli tätschelt seinen Hals und fragt „Was ist denn mein Lieber, was hast du?“
„Er wird die Wüstenhundkatzen wittern, Lilli, die Tiere haben einen so feinen Sinn. Und unsere Pferde sind ja etwas ganz Besonderes. Sie sind klüger als wir und alle anderen Pferde. Lilli, es ist soweit, wir werden jetzt Stella und Marengo fortzaubern müssen. Komm hierher mit Marengo. Halte ihn fest um den Hals, dass er dir ganz nah ist!“

Er umarmt Stella und spricht zu ihr: “Stella, ihr beide müsst jetzt neue Pferde herbeizaubern, die euch ähnlich sehen und danach werdet ihr unsichtbar. Ihr wartet auf uns, Iva wird euch holen. Mit den neuen Pferden können wir die Wüstenhundkatzen täuschen und die Wüste durchqueren. Es ist nicht leicht, aber es wird gehen, so hoffen wir. Später werden wir uns dann wiederfinden.“


4/12/2018



„Es könnte nicht besser sein!“
Als sie fertig sind, waschen sie ihre Hände wieder in den Tonschalen. Sie trinken kaltes Wasser, das in Tonkrügen hereingetragen wird.
„Was habt ihr nun vor?“ fragt Rina.
„Ausruhen, so dass wir Kräfte sammeln können für später!“ antwortete Lilian. Kannst du uns unser Zimmer zeigen, bitte?“
„Folgt mir nach“, fordert Rina sie auf. Sie verlassen den Saal durch einen der Vorhänge, Rina hält ihn  auf. Sie steigen eine steile Treppe hoch, in die Wände eingelassene Schlitze geben ihn das nötige Licht. Wieder gehen sie durch einen langen Gang bis zu einer Zimmertür die mit einer  liegenden Acht dekoriert ist.
Rina öffnet sie mit ihrem Schlüssel. Ein großes Bett in der Mitte macht Lilian sofort schläfrig. „Das sieht gut aus“, bemerkt er. „Bitte, Rina, schicke jemanden der uns in zwei Stunden wecken kann!“
„So wird es sein“, versichert Rina. “Ich selbst werde dafür sorgen, dass ihr pünktlich geweckt werdet.“
Kaum hat sie das Zimmer verlassen, legt Lilienprinz sein Bündel aufs Bett und zieht den Beutel mit seinen Zaubermitteln hervor. Lilli hat sich neben ihn auf die Bettkante gesetzt. Der Mistelstrauß schaut unverändert aus. „Das ist gut, keine Veränderung zum Schlechteren“, prüfend schaut er die Beeren an, sie glänzen matt und die Blätter sind blank. “Wir werden aus dem Zauberbecher trinken, bevor wir aufbrechen!“ verspricht er Lilli. Sie nickt und bittet dann „und nun lass uns die Kugel betrachten.“ „Genau, darum habe ich mir das bis zuletzt aufgehoben!“ Er holt die Kugel heraus. Sie blitzt und während er sie dreht, beginnt sie zu spiegeln. „Schau!“ er hält Lilli die Kugel hin und gemeinsam blicken sie hinein: da liegen die Wüstenhundkatzen ausgestreckt vor den beiden Toren rechts und links, die in die Wüste führen. Ihre Augen sind halbgeschlossen, als ob sie schlafen oder träumen, ihre Tatzen zucken und die Schwänze schlagen von rechts nach links und wieder nach rechts. Sie beeindrucken durch ihre Größe und flößen Angst ein durch die spitzen Hundeschnauzen und die großen dreieckigen Katzenohren oben am Kopf, die sich hin und her drehen.

„Ihnen entgeht nichts, Lilli, wir müssen uns wappnen, dass wir sie besiegen können. Der Himmel stehe uns bei und unsere guten, hilfreichen Freunde. Komm, leg‘ dich hin, wir brauchen eine gute Mütze Schlaf, dann schaffen wir alles ganz bestimmt.“



4/11/2018


Dankbar trinken sie den aromatischen Tee und fühlen sich wundersam erfrischt. Bald kommt Haruna zurück, setzt sich zu ihnen und erkundigt sich, wie lange sie zu bleiben gedenken. Sie teilen ihm mit, dass sie essen möchten, sich etwas ausruhen und dann weiterreiten wollen. Auf Harunas erstaunten Blick reagiert Lilian damit, ihm zu sagen, dass sie es sehr eilig haben.
„Das ist sehr schade“, bedauert er und wiegt seinen Kopf. „Rina, das Essen ist jetzt bereit, führe unsere Gäste zum Speisesaal!“

Der Gang führte durch eine geschnitzte Holztür in einen Raum, dessen Seiten je eine Mitteltür besaßen,  in deren Rahmen schwere gewebte Vorhänge hingen. Rina schlug einen zurück, sie folgten ihr und betraten einen Saal, dessen Wände von farbenfrohen gewebten Teppichen bedeckt waren. Der geflieste Fußboden atmete Kühle. Eine an Seilen befestigte Strohmatte hing von der Decke, sie wurde hin und her bewegt durch einen Jungen, der auf einem Hocker saß und an einem Seil rhythmisch zog. Hin und her schwang die Matte und verbreitet sanften Wind. Niedrige Tische mit Lederhockern warteten auf Gäste, einige saßen im Raum und wurden lautlos von kindlichen Mädchen und Jungen bedient. Rina zeigte den beiden einen Tisch in einer ruhigen Ecke. Kaum hatten sie sich gesetzt, erschienen zwei Jungen, die zwischen sich ein großes Tablett trugen und auf dem Tisch absetzten. Es enthielt Reis, auf dessen Oberfläche kleine dampfende Fleischhügel aufgetürmt lagen, eingerahmt von verschiedenen Gemüsen. Ein Mädchen brachte ein weiteres Messingtablett mit Tee, wie vorhin schon draußen.  Die beiden setzten sich mit gekreuzten Beinen vor den Tisch, wuschen ihre Hände in ihnen gereichten Tonschalen, gefüllt mit duftendem Wasser und begannen das köstliche Mal langsam und genießerisch zu essen. Rina sieht sie erwartungsvoll an, lächelt und fragt: “Schmeckt es Euch?“



4/10/2018


Bald stehen sie vor dem aus roten Steinen erbauten Gasthaus. Die Tür steht offen, rechts und links hängen Laternen, die noch nicht angezündet sind. Sie steigen ab und warten ein wenig. Ein großer kräftiger Mann erscheint, mit einem indigofarbenen Turban auf dem Kopf und gekleidet in einen  weißen Kaftan erscheint, kommt lächelnd auf sie zu, legt eine Hand auf sein Herz und  verbeugt sich mit den Worten “Seid gegrüßt in meinem Haus. Ich bin Haruna. Meine Tochter Zinna hat euch angekündigt.“ Lilian verbeugt sich auch, ihm fallen die auf beiden Wangen parallel verlaufenden drei Narben auf, er stellt Lilli vor und sie macht einen Knicks. „Vielen Dank!“
„Mögt Ihr etwas essen? Bestimmt seid Ihr hungrig!“
„Gern“, erwidert Lilian, doch zuerst möchten wir unsere Pferde versorgen. Könnt Ihr uns bitte zeigen wo? Danach werden wir dann essen“!
Haruna klatscht in die Hände, bald darauf erscheint ein junger Mann in einem gewebten langen Hemd über der Hose und ebenfalls mit einem Turban, er stellt sich als Lawal vor. „Zeig‘ ihnen den Weg zu den Ställen!“ befiehlt ihm Haruna und Lawal verneigt sich. „Bitte folgt mir!“ und sie folgen ihm. Er hilft, die Pferde anzubinden, holt die Hafersäcke und schlingt sie um ihren Hals. „Ich tue alles, damit es Euren Pferden gut geht“ meint er und fährt fort „sie sind wunderschön!“
Lilian und Lilli nehmen ihre Bündel und gehen zurück zum Gasthaus.
Dort treffen sie Rina und begrüßen sie herzlich. „Kommt, hier ist eine Erfrischung für Euch!“ Sie führt die beiden zu einer Bank, ein weit geschwungenes Dach aus Strohmatten schützt vor der Sonne.  Ein Tisch vor ihnen ist mit dunkelbraunem Leder bespannt und steht auf geschnitzten Beinen. Eine junge schwarz verschleierte Frau  kommt mit einem goldfarbenen Messingtablett mit kleinen Messingbechern, die sie aus einer ziselierten Messingkanne mit grünem Pfefferminztee füllt, der in hohem Strahl schäumend in die Becher fließt.

„Dies wird Euren Durst löschen und Euch beleben. Gleich werde ich Euch zum Essen führen!“ lädt Rina die beiden ein.




4/09/2018

Eine andere Welt

Sie besteigen ihre Pferde und verabschieden sich von dem wunderbaren lichten Buchenwald. Auf den entrollten Blättern und Moosen glitzerten wie Diamanten die Regentropfen.
Eine lange Zeit reiten sie ohne viel zu sprechen. Durch verwunschen erscheinende Täler und wellenförmige Hügel erstreckt sich der Wald. Der grüne Frühlingsschleier bedeckt die Bäume, die milde Luft streichelt die Haut und sie treffen niemanden. Gegen Mittag beginnt sie Sonne stärker zu brennen. Das Grün der Bäume verbleicht und macht einem leichten braun Platz, sie scheinen zu schrumpfen und sich in struppige Sträucher zu verwandeln. Das weiche grüne Gras und Moos formen sich zu Steinen und harten Boden. Die Hufe der Pferde klappern jetzt und kleine Staubwolken zeigen sich am Boden.
„Ich bin durstig, lass uns etwas trinken!“ Mit diesen Worten zieht Lilian die Wasserflaschen hervor und reicht Lilli eine. Sie halten an und trinken in langen Zügen das kühle Quellwasser. „Oh, wie gut das tut! Schau, Lilian, siehst du in der Ferne die niedrigen Häuser? Wie Würfel wirken sie!“ Lilian nickt. Die Häuser bedecken einen braunen Berghang. Je näher sie kommen, umso deutlicher sehen sie jetzt auch Ziegen, die an den dürren Sträuchern zerren. Sie erkennen schwarz verhüllte Gestalten, die am Rand  der gewundenen Straße langsam gehen und Tonkrüge auf dem Kopf tragen. Als sie näher kommen, erkennen sie einen Markt. An der Seite steht ein Brunnen, Frauen umlagern ihn und schöpfen Wasser in Tonkrüge, helfen sich gegenseitig, sie auf den Kopf zu stellen und verlassen den Brunnen mit wiegenden Schritten.
Sie halten die Pferde an und steigen ab. Sie führen sie zu einem Baum  nicht weit von ihnen. Die Sonne steht jetzt hoch,  die Luft glüht.
„Wir sollten uns einen Gasthof suchen, Lilli, und uns ein wenig ausruhen.  „Bist du nicht etwas müde?“ Sie nickt und trinkt noch einen Schluck. „Wir sollten die Flaschen füllen und uns erkundigen, wo wir hier eine Herberge finden können.“
Eine junge Frau mit einem Kind an der Hand nähert sich den beiden mit einem freundlichen Lächeln. Sie macht einen Knicks und stellt sich vor: “Ich bin Rina und das ist Zinna, meine Nichte. Braucht ihr Hilfe? Ihr seid doch fremd hier!“!
„Wir sind schon lange geritten und haben noch einen langen Weg vor uns, den zur Wüste Israma, ich heiße Lilian,“ er verbeugt sich, „und das ist meine Freundin Lilli!“ Bei seinen Worten ist Rina ein wenig blass geworden, so scheint es. „Da habt ihr noch einen ganzen Tag vor euch, müsst ihr wirklich dort hin?“
Beide blicken sich an. „Ja, wir müssen“, erwidert Lilian. „Aber jetzt suchen wir einen Platz zum Ausruhen. Kannst du uns helfen?“
„Oh ja, mein Onkel, Zinnas Vater,  führt eine Herberge, sie ist nicht weit von hier. Möchtet ihr dorthin? Die Karawanen, die hier durchziehen, halten auch dort. Es ist ruhig und sauber und das Essen gesund und kräftig.“
„Dann können unsere Pferde auch gut unterkommen!!“
„Ganz bestimmt! Wir haben einen großen Platz hinter dem Haus, wo die Tiere lagern können. Ihr werdet alles Nötige finden.“
„Gern nehmen wir dein Angebot an!“
„Das ist schön, Zinna kann gleich hinlaufen und ihrem Vater Bescheid sagen, dass er alles richtet. Zinna, sag ihm, Gäste kommen mit zwei Pferden!“ Die Kleine strahlt bei diesen Worten, nickt und läuft davon. 

„Geht einfach geradeaus, ihr könnt es nicht verfehlen" erklärt ihnen Rina. Es ist nicht mehr weit. Ich muss noch etwas besorgen.Es heißt „Zum Palmenhain“ und mit diesen Worten geht sie winkend davon: "Wir sehen uns nachher!"
Ein feiner lauwarmer Regen begann vom Himmel zu rieseln. Die Bäume reckten ihm ihre Zweige entgegen und die Blattknospen entfalteten sich.
Während Lilian schlief, erschien ihm wieder die Mondblumenfrau im Traum. Sie berichtete ihm von seiner Mutter und Schwester. Sie tröstete ihn und versprach ihm neue Mistelzweige für die weitere Reise. Am nächsten Morgen weckten Stella und Marengo Lilli und Lilian. Als Lilian seine Beine aus dem Bett schwang, sah er auf dem Fußboden die neuen Mistelzweige mit Beeren, die nicht so lebendig glänzten wie die verlorenen.
„Schau, Lilli, was die Mohnblumenfrau mir geschickt hat. Sie erzählte mir gestern Nacht, dass der Zauberer nun Livana auf seinem Schloss gefangen hält. Er will sie heiraten. Wir haben keine Zeit zu verlieren.
„Gestern hat Stella mir alles erzählt, als du schon schlieftst und ich noch draußen in den Himmel schaute“.
“Lass uns packen, Lilli!“ „Klar, ich mache nur schnell Lavendeltee und fülle von dem Quellwasser in unsere Lederflaschen. Was geschieht mit dem Haus?“
„Wenn wir fertig sind, wirst du es sehen, Lilli!“
Sie tranken den Tee und bevor sie alles auf die Pferde luden, ging Lilian zu Stella, redete mit ihr und begann dann, mit ihr um das Haus herumzugehen. Wieder kratzte sie an allen vier Ecken, der milchige Nebel stieg hoch und als er sich verzogen hatte, war das Haus verschwunden, die Wiese unversehrt, so als ob nie ein Haus dort gestanden hätte. Die Quelle rauschte unverändert und die Sonne stieg höher.



4/08/2018

„Ach Stella, wir werden bald deine und Marengos Hilfe brauchen, wenn wir uns der Wüste Israma nähern.“
„Lilli, ich habe alles gehört, was ihr mit Iva besprochen habt. Wir helfen euch, hab‘ keine Angst. Ihr werdet nach Iva rufen und wenn ich die Phantompferde herbeigezaubert habe, wird Iva mit Marengo und mir über die Wüste Israma hinweg durch die Luft fliegen und wir treffen uns dann auf dem Weg. Ihr werdet danach an eine Oase kommen und uns finden.“
„Stella, noch etwas. Wir konnten vorhin die Mistelzweige nicht finden. Sie lagen nicht mehr im Bündel. Kannst du dir vorstellen, was damit geschehen ist?“

„Wenn Lilian die Zweige gesehen hätte, wäre seine Ruhe dahin gewesen. Der Zauberer hat Livana auf sein Schloss geholt und Lilians Mutter lebt jetzt ganz allein in dem Häuschen und hat keinen Kontakt mehr mit ihrer Tochter. Der Zauberer will Livana in sieben Tage heiraten. Die Mutter ist sehr schwach und hat Angst, denn wenn es dazu kommt, wird sie verwandelt werden und kann nie wieder zurück ins Menschenreich. Die Zeit ist knapp, der Ritt durch die Wüste ist lang und ihr müsst auch noch in der Oase rasten, sonst wird es noch anstrengender.“
„Gut, ich werde versuchen, Lilian gleich morgen früh dazu zu bringen, weiter zu reiten, damit wir weiter keine Zeit verlieren. Hoffentlich erreichen wir die Wüste bald. Ich bin jetzt so müde. Vielen Dank für alles, Stella, schlafe auch gut, gute Nacht!“

4/06/2018

Lilli und Lilian
sprechen diesen Ruf nach, bis sie ihn auswendig können. Danach verabschiedet Iva sich, hebt ihre Arme und fliegt in einer silbernen Wolke durch das Fenster davon.
Nur zwei Kerzen erhellen jetzt den Raum. Die Dämmerung senkt sich nieder, der Tag will ruhig werden und in die Nacht übergehen.
„Es ist Zeit, dass wir schlafen, morgen haben wir wieder viel zu tun. Wir müssen unseren Proviant vorbereiten.“ Er holt sein Bündel und schnürt es auf.
„Lilli, ich kann die Mistelzweige nicht finden! Wo können sie bloß sein. Zuletzt haben wir sie beim Ochsenwirt benutzt!“
„Lass mich nachschauen, bitte!“ bittet Lilli. Sie nimmt das Bündel und holt Taschentücher, die lederne Geldbörse und den Becher heraus. Tatsächlich keine Spur von den Zweigen. Nur drei einzelne vertrocknete Beeren liegen am Grund des Beutels.
“Wirklich, sie sind fort. Wie konnte das geschehen?“
„Ich weiß es nicht, Lilli, ich verstehe es nicht!“ Er vergräbt seine Hände im Haar und fährt darin herum. „So viel Zauberei, wie wir sie in den letzten Tagen erlebt haben – da wundert es mich nicht, dass die Zweige auf einmal fort sind. Lass uns doch in die Kugel schauen, dann sehen wir meine Mutter und Livana.“
„Ich finde, du solltest jetzt nicht da hinein schauen, sondern dich ausruhen!“
„Nein, dann hätte ich doch erst recht keine Ruhe.“
„Komm, leg dich hin, morgen früh ist früh genug. Du bist doch müde.“
„Wie du meinst, Lilli“, er steht auf, geht zum Bett und legt sich hin.
„Kommst du auch bald ins Bett?“
„Ich räume noch etwas auf, ich lege mich gleich hin.“

Sie geht mit einer weichen Decke zu Lilians Bett und deckt ihn zu. Er hat schon die Augen geschlossen. Seine dunklen Wimpern überschatten die Wangen, sein Haar breitet sich auf dem Kissen aus. Sein Gesicht sieht angespannt und müde aus. Lilli seufzt, geht zur Tür und leise hinaus. Die Quelle plätschert und am Himmel blinkt ein Stern besonders hell. Der Mond hält sich noch versteckt. Sie setzt sich auf die Holzbank neben der Tür und legt die Hände zusammen. Es ist etwas kühl geworden, die Wipfel rauschen. Etwas Feuchtes berührt ihre Wange. Stella war leise herbeigekommen. Lilli steht auf und umarmt sie. Sie spürt das Pochen der Halsschlagader und die wohlige Wärme des silbrigen Fells. 

Besuch von Iva

Plötzlich wird der Raum so hell, als ob die Sonne darin aufgegangen wäre. Sie nehmen eine Lichtwolke wahr, die sich mehr und mehr im Raum ausbreitet. Eine Gestalt, umflossen von einer glänzenden Lichtaura tritt heraus. Sie beginnt zu sprechen mit melodischen einer Stimme: “Ich bin Iva, seid gegrüßt! Ich komme aus dem Land der Mondkönigin. Sie hat mich zu euch geschickt, damit ich euch beistehen kann, wenn ihr durch Wüste Israma ziehen und davor die Wüstenhundkatzen überlisten müsst. Auch mit eurer unschuldigen Seele könnt ihr das nicht allein schaffen. Sie werden einen Tribut von euch fordern. Alles, was ihr habt, sind eure Pferde. Wir wollen uns etwas ausdenken, bevor ihr dort hinkommt.“
„Wie kommst du hierher, Iva, und woher weiß die Mondkönigin alles?“
„Liebe Lilli, wir sind dazu da, euch zu beobachten und wenn nötig, beizustehen. Lilian hat dir von der Mohnblumenfrau erzählt. Wir stehen mit ihr in Kontakt. Die Mondkönigin beschützt, soweit sie kann,  auch Lilians Mutter und Livana. Ohne unsere Hilfe geht es nun mal nicht immer.
„Wie geht es meiner Mutter und Livana?“ ruft Lilian aufgeregt.
„Habt ihr Nachrichten von der Mohnblumenfrau?“ fährt er fort.
„Nein, nicht in der letzten Zeit. Wenn ihr erstmal durch die Wüste gekommen seid, ist es nicht mehr allzu weit zum Sturmland.  Auch dort werden Freunde von uns zu euch kommen. Wartet es nur ab. Nun möchte ich euch aber erklären, wie ihr die Wüstenhundkatzen überlisten könnt.“
„Ich habe schon eine Idee!“ wirft Lilian ein. „Stella wird uns behilflich sein. Sie ist sehr klug und sie kann zaubern. Sie kann sich selbst und Marengo fortzaubern und dann Phantompferde an ihre Stelle lassen. Wir geben sie den Wüstenhundkatzen und versuchen dann, an ihnen vorbeizukommen.“
„Das ist die Lösung, Lilian! Ich hatte auch so eine Idee. Der Pferdewechsel muss kurz vor dem Wüsteneingang stattfinden, die Phantompferde zeigen sich nur eine begrenzte Zeit, die nicht allzu lang bemessen ist. Alles muss schnell gehen.“
„Iva, möchtest du etwas trinken?“ fragt Lilli sie.
„Oh gern, ich bin sehr durstig, meine Reise zu euch war lang.“
Sie trinkt zwei Becher des Tees.
„Der Tee schmeckt wunderbar, so erfrischend. Woher hast du die frische Melisse?“
„Sie wächst dort im Kasten! “ Lilli zeigt auf die Fensterbänke. “Ich werde dir gern einige Pflanzen mitgeben für die Mondkönigin. Dann könnt ihr euch bei ihr Tee zubereiten.“
Iva lächelt. „Gern Lilli! Die Mondkönigin wird sich sehr freuen über diesen Gruß von dir. Ich muss nun zurück. Ich muss mir um euch keine Sorge machen. Man weiß aber nie vorher, was geschehen wird. Wenn ihr mich noch brauchen solltet, könnt ihr nach mir rufen. Singt diesen Ruf:
„Iva, Iva, komm herbei,
wir müssen schützen unser Wohl,
Eile und dann sind wir frei

Und niemand uns verderben soll.“


4/05/2018


Besuch von Iva
Plötzlich wird der Raum so hell, als ob die Sonne darin aufgegangen wäre. Sie nehmen eine Lichtwolke wahr, die sich mehr und mehr im Raum ausbreitet. Eine Gestalt, umflossen von einer glänzenden Lichtaura tritt heraus. Sie beginnt zu sprechen mit melodischen einer Stimme: “Ich bin Iva, seid gegrüßt! Ich komme aus dem Land der Mondkönigin. Sie hat mich zu euch geschickt, damit ich euch beistehen kann, wenn ihr durch Wüste Israma ziehen und davor die Wüstenhundkatzen überlisten müsst. Auch mit eurer unschuldigen Seele könnt ihr das nicht allein schaffen. Sie werden einen Tribut von euch fordern. Alles, was ihr habt, sind eure Pferde. Wir wollen uns etwas ausdenken, bevor ihr dort hinkommt.“
„Wie kommst du hierher, Iva, und woher weiß die Mondkönigin alles?“
„Liebe Lilli, wir sind dazu da, euch zu beobachten und wenn nötig, beizustehen. Lilian hat dir von der Mohnblumenfrau erzählt. Wir stehen mit ihr in Kontakt. Die Mondkönigin beschützt, soweit sie kann,  auch Lilians Mutter und Livana. Ohne unsere Hilfe geht es nun mal nicht immer.
„Wie geht es meiner Mutter und Livana?“ ruft Lilian aufgeregt.
„Habt ihr Nachrichten von der Mohnblumenfrau?“ fährt er fort.
„Nein, nicht in der letzten Zeit. Wenn ihr erstmal durch die Wüste gekommen seid, ist es nicht mehr allzu weit zum Sturmland.  Auch dort werden Freunde von uns zu euch kommen. Wartet es nur ab. Nun möchte ich euch aber erklären, wie ihr die Wüstenhundkatzen überlisten könnt.“
„Ich habe schon eine Idee!“ wirft Lilian ein. „Stella wird uns behilflich sein. Sie ist sehr klug und sie kann zaubern. Sie kann sich selbst und Marengo fortzaubern und dann Phantompferde an ihre Stelle lassen. Wir geben sie den Wüstenhundkatzen und versuchen dann, an ihnen vorbeizukommen.“
„Das ist die Lösung, Lilian! Ich hatte auch so eine Idee. Der Pferdewechsel muss kurz vor dem Wüsteneingang stattfinden, die Phantompferde zeigen sich nur eine begrenzte Zeit, die nicht allzu lang bemessen ist. Alles muss schnell gehen.“
„Iva, möchtest du etwas trinken?“ fragt Lilli sie.
„Oh gern, ich bin sehr durstig, meine Reise zu euch war lang.“
Sie trinkt zwei Becher des Tees.
„Der Tee schmeckt wunderbar, so erfrischend. Woher hast du die frische Melisse?“
„Sie wächst dort im Kasten! “ Lilli zeigt auf die Fensterbänke. “Ich werde dir gern einige Pflanzen mitgeben für die Mondkönigin. Dann könnt ihr euch bei ihr Tee zubereiten.“
Iva lächelt. „Gern Lilli! Die Mondkönigin wird sich sehr freuen über diesen Gruß von dir. Ich muss nun zurück. Ich muss mir um euch keine Sorge machen. Man weiß aber nie vorher, was geschehen wird. Wenn ihr mich noch brauchen solltet, könnt ihr nach mir rufen. Singt diesen Ruf:

„Iva, Iva, komm herbei,
wir müssen schützen unser Wohl,
eile und dann sind wir frei

und niemand uns verderben soll.“



 Im Blockhaus

„Nein, ganz und gar nicht, es ist alles wie ein Traum, was wir bis jetzt erlebt haben!“
Die beiden gehen hinaus und bringen ihre Bündel ins Haus.  Lilian holt eine Kanne Wasser  und Lilli pflückt Kräuter aus den Kästen vorm Fenster und beginnt eine Kerbelsuppe zu kochen und Melissen Tee zuzubereiten. Alles was sie braucht, findet sie im Schrank. Von draußen hört sie die Geräusche, wie die Pferde ihr Futter zwischen den Zähnen zermalmen und aus den Eimern Wasser schlürfen.
Sie gießt den fertigen Tee in Tonbecher, Lilian setzt sich an den Tisch und beginnt zu trinken. „Was für ein belebender Tee“, bemerkt er und schlürft genießerisch. „Das Wasser hier ist so klar und weich, da kann der Tee nur gut werden und die Suppe ist auch gleich fertig“, bemerkt Lilli und rührt in dem großen Eisenkessel.
„Woher kannst du so gut kochen?“ „Ich musste immer in der Küche helfen, während meine Stiefschwestern spielen durften, da habe ich auch gelernt, wie man kocht. Ich hatte auch eine Tante, die Schwester meines Vaters, sie besuchte uns manchmal und ich durfte mit ihr gehen, um Kräuter zu suchen. Sie erklärte mir viel und zeigte mir auch wie man manche Kräuter zum Heilen benutzen kann. Sie war immer sehr nett zu mir und das hat meine Stiefmutter geärgert.“ Sie holt zwei hölzerne Suppenschüsseln aus einem großen Schrank, stellt sie auf den Herd und füllt die Suppe sorgfältig hinein.
Lilian steht auf und trägt die erste Schüssel zum Tisch.
„Das kann ich mir gut vorstellen, Lilli. Ich bin froh, dass du diese Tante hattest. Wie gern hätte ich dich damals schon gekannt. Du bist wie eine Schwester!“
Lilli blickte etwas verlegen in ihre Suppenschüssel. „Es kommt mir so vor, als ob wir uns schon lange kennen“, erwidert sie. „Ich hoffe, bald lerne ich deine richtige Schwester Livana kennen und ihr werdet alle wieder zusammenkommen.“!

„Ich wünsche es mir auch so sehr, Lilli. Hoffentlich dauert es nicht mehr so lange, bis wir die Wüste durchquert haben. Ich wollte sowieso mit dir über die Wüstendurchquerung sprechen. Ich glaube, Ebarus könnte uns folgen. Er ist wie ein guter Geist, den der Himmel geschickt hat. Er kennt die Wüste bestimmt und kann uns vielleicht etwas darüber  erzählen. Wir müssen überlegen, wie wir es lösen könnten, wenn wir mit den Wüstenhundkatzen zusammentreffen müssen. Das mit dem Tribut. Vor allem, welchen Tribut sie fordern werden. Hast du eine Idee, Lilli, wie wir uns darauf vorbereiten können?“


4/04/2018

Auf zur Wüste Israma

Eine Weile reiten sie schweigend durch eine süß duftende Lindenallee. Es ist später Nachmittag. Vor ihnen liegt eine Ebene, am Horizont zeichnet sich eine Hügelkette ab. Ein Waldstück scheint nahe davor zu liegen. „Wo wir wohl heute Nacht schlafen werden? Du musst dich ausruhen Lilian!“
„Du brauchst auch Ruhe Lilli. Mach dir keine Gedanken. Du wirst schon sehen, Stella wird für unsere Nachtruhe sorgen, wart’s nur ab. Wenn wir den Wald erreicht haben, dauert es nicht mehr lange und wir können rasten.“
Bald erreichen sie den Wald, es ist ein lichter Buchenwald aber die Abendschatten kriechen schon hervor. Der sanfte grüne Moosteppich verschluckt nun die Geräusche der Hufe. Ein feines Plätschern und sanftes Rauschen wird allmählich lauter und lauter, vor ihnen tut sich eine Lichtung auf. Aus einem Felsen sprudelt ein Wasserstrahl der in einem Sammelbecken endet, das in Jahrhunderten der Felsen ausgehöhlt hat. Sie steigen ab, fangen mit ihren Händen den Wasserstrahl auf  und trinken. Sie sind so durstig und können gar nicht aufhören, auch die Pferde trinken gierig. Sie werfen die Köpfe zurück und schnauben und prusten laut, dann schütteln sie sich. Lilli tanzt und ruft: “Was für ein wunderschöner Platz, Lilian, hier können wir bleiben. Wir nehmen unsere Bündel als Kissen und decken uns mit den Mänteln zu, was meinst du?
Lilian lächelt und erwidert: “Wenn es ein heißer Sommertag wäre schon, aber die Nacht wird kühl und wir bekommen kein Dach über den Kopf. Wir machen es anders. Pass auf!“
Er geht zu Stella und flüstert ihr etwas ins Ohr. Sie spitzt die Ohren und wiehert laut. Lilian führt sie etwas weiter seitwärts von der Quelle und lässt sie los. Sie geht noch ein paar Schritte nach links, dann nach rechts, kratzt mit einem Vorderhuf auf dem Boden. Sie geht noch etwa  zehn Schritte weiter, kratzt wieder, dreht sich dann zur Seite, bis sie es viermal getan hat und wartet. An den vier Ecken, wo sie gekratzt hat, bildet sich ein weißer Nebel, verdichtet sich und verbindet die Ecken. Braune Holzwände wachsen aus der Erde hervor und vor Lillis erstaunten Augen entsteht ein kleines Blockhaus. Seine Tür öffnet sich von selber, ein Feuer glüht innen im Ofen, aus dem Schornstein steigt Rauch auf und verbindet sich mit dem Abendhimmel.
„Tritt ein Lilli. Hier werden wir heute Nacht schlafen und nicht auf der Wiese!“
Sie lächelt Lilian zu und tritt dann ein. Nicht nur das Feuer glüht im Eisenherd, ein gedeckter Tisch wartet auf sie und vor dem Fenster wachsen Küchenkräuter aus Blumenkästen.
„Wie wunder- wunderschön, Lilian!“ stammelt sie fassungslos.  „Hier kannst du dich erstmal ausruhen, bevor wir weiterziehen und die nächsten Hindernisse überwinden müssen“, antwortet er. „Komm, schau nur, das weiche Bett, leg dich ein wenig hin, nachher können wir essen!“
Lilli lässt sich begeistert auf das Bett fallen. „Herrlich, herrlich fühlt es sich an!“ ruft sie.

„Ich hole noch Wasser von der Quelle, versorge die Pferde und du kannst ein bisschen schlafen. Habe ich dir zu viel versprochen?“
Inzwischen hat Armin Marengos Hufeisen gerichtet und kommt herein, um es ihnen zu sagen. Frigo meint „zu gerne würde ich Euch heute Abend der Dorfversammlung vorstellen um denen zu erzählen, dass eine neue Zeit für uns angebrochen ist, was wir euch zu verdanken haben. Was Ihr für diese Gegend getan habt, kann nur jemand ermessen, der weiß wieviel Zeit und  Kraft die Menschen hier vergeuden mussten,  als sie zu dem Umweg um das Moor herum gezwungen waren. Könntet Ihr nicht noch etwas bei uns bleiben?“
„Vielen Dank, Frigo, für diese Worte. Wir müssen weiter reiten, wir haben schon so viel Zeit verloren durch diesen Kampf verloren. Wir suchen meine Mutter und meine Schwester, die auf der Sturminsel gefangen sind. Hast du schon einmal von dem Sturmland gehört?“
„Oh, Ihr habt noch einen langen Weg vor Euch. Das Sturmland ist weit. Davor liegt die Wüste Israma. Sie wird von den Wüstenhundkatzen bewacht. Sie fordern von allen Tribut, wenn sie die Grenze erreichen.“
Lilli und Lilian wechseln einen Blick.
„Was für Wüstenhundkatzen, Frigo, und weißt du mehr über den Tribut?“
„Die Wächter sind furchterregende Geschöpfe – halb Hund, halb Katze. Sie tragen die Eigenschaften beider Tiere in sich. Sie sind groß. Wie Ponys. Die Menschen erzählen sich, dass sie von denen, die durch die Wüste ziehen wollen, als Tribut etwas Lebendiges verlangen. Sogar die Reisenden selbst können Opfer werden.“ Eine Gänsehaut überzieht Lillis Arme und Rücken bei diesen Worten.
„Das hört sich schrecklich an“, sagt sie und Lilian fügt hinzu „Oh ja, aber es scheint uns nicht erspart zu bleiben.“ Er legt seinen Arm um Lilli und fügt hinzu „Wir müssen auf den Schutz des Himmels vertrauen. Wir werden alles schaffen. Außerdem haben wir unsere Waffen, die niemand sonst hat!“
„Was sind das für Waffen?“ fragt Frigo. „Es sind Geheimwaffen, Frigo!“ Er zieht aus seiner Tasche einen Goldtaler heraus mit den Worten „Wir danken dir sehr, lieber Frigo, für die Gastfreundschaft. Lebe wohl und grüß‘ die Dorfgemeinschaft von uns. Feiert ein wenig und lasst es euch gutgehen! Noch eine Bitte: denkt an uns und betet.“
„Danke, gute sichere Reise! Göttin sei mit Euch!“ Frigo und Armin heben die Hände zum Gruß.
Lilli und Lilian steigen auf die Pferde und traben winkend davon.



4/02/2018

Sie nahm Marengo am Zügel, Lilian seine Stella und so gingen sie den trockenen Pfad entlang, der mitten durch das Moor führte und den keine Seele mehr seit Menschengedenken beschritten hatte. Die Sonne stand hoch, die Mittagszeit nahte. Der Pfad schien kein Ende zu nehmen, Mücken und Bremsen hatten begonnen, sie zu plagen. Marengo hinkte jetzt, als sie endlich wieder festen Boden unter den Füßen fühlten und in der Ferne eine Ansammlung von Häusern erkannten.
„Hoffentlich finden wir bald eine Schmiede, Marengo hat bestimmt Schmerzen!“ stellt Lilli fest.
Als sie näher an das Dorf kamen, hörten sie Geräusche, das Muhen von Kühen, das Grunzen von Schweinen, Stimmen und tatsächlich auch den scharfen Klang von Stahl auf Stahl. Sie brauchten ihm nur nachzugehen und standen bald vor eine Schmiede. Ein junger kräftiger Mann mit Pferdeschwanz ließ den Hammer auf ein glühendes Stück Eisen niedersausen.
„Aber das ist ja Frigo von der Fähre!“ ruft Lilli freudig aus, „schau nur Lilian, wir kennen den Schmied!“
Tatsächlich war es Frigo, als er hochblickte und die beiden sah, richtete er sich auf, legte den Hammer beiseite, wischte sich den Schweiß von der Stirn und lächelte sie an.
„Das hätte ich nicht gedacht, dass wir uns so schnell wiedersehen! Grüßt Euch, woher kommt ihr?“
„Wir kommen vom Ochsenwirt, Frigo. Unser Pferd Marengo hat ein lockeres Hufeisen, könnt Ihr es Euch anschauen, bevor wir weiterziehen?“
„Vom Ochsenwirt, eh? Hat der Euch so zugerichtet?“
Er dreht sich um und ruft seinen Gesellen: “Armin, komm, gib den Pferden Wasser und dann schau dir das Eisen an“, dann wendet er sich an die beiden „kommt in mein Haus, wo ihr etwas Kühles trinken könnt und ein bisschen ausruhen!“
„Oh, Frigo, Ihr seid zu gut zu uns, wir hatten einen aufregenden Morgen und sind übers Moor gekommen. Wir sind so durstig, “ erwidert Lilian.
„Kommt, seid willkommen“ und sie folgen Frigo in sein sauberes Haus, durch einen dämmrigen Gang in die Küche. Sie setzen sich auf eine Bank hinter einen großen blankgescheuerten Holztisch.
„Linchen komm, bringe einen großen Krug Buttermilch“ ruft Frigo und ein junges Mädchen erscheint mit dem Krug in Hand und Bechern aus Steinzeug. „Linchen ist Metas Nichte, Meta ist auf dem Markt und verkauft ihre Töpfe. Sie hätte sich sehr gefreut, Euch zu sehen!“
„Vielen vielen Dank für die Gastfreundschaft!“ erwidert Lilian, es soll Euer Schade nicht sein!“ Lilli öffnet das Paket mit Essen von Olga.
„Wieso seid ihr durchs Moor gekommen?“ fragt Frigo, „niemand aus dieser Gegend wagt es, es ist viel zu gefährlich. Wer es früher versucht hat, ist darin umgekommen.“
„Das ist vorbei!“ erklärt Lilli, „seit heute kann jeder wieder das Moor durchqueren.“

Sie erzählen dem staunenden Frigo, was heute Morgen geschehen ist. Frigo hört mit offenem Mund zu und murmelt ungläubig „Ihr müsst Zauberkräfte besitzen, ich kann es nicht fassen, noch nie ist so etwas vorgekommen.“ Er schüttelt den Kopf und wiederholt „ich kann es nicht fassen, wie habt Ihr das geschafft? Es ist zu wunderbar, in meinem ganz Leben ist es noch nie geschehen, dass jemand den Fürst des Moors besiegen konnte!“