4/09/2018

Eine andere Welt

Sie besteigen ihre Pferde und verabschieden sich von dem wunderbaren lichten Buchenwald. Auf den entrollten Blättern und Moosen glitzerten wie Diamanten die Regentropfen.
Eine lange Zeit reiten sie ohne viel zu sprechen. Durch verwunschen erscheinende Täler und wellenförmige Hügel erstreckt sich der Wald. Der grüne Frühlingsschleier bedeckt die Bäume, die milde Luft streichelt die Haut und sie treffen niemanden. Gegen Mittag beginnt sie Sonne stärker zu brennen. Das Grün der Bäume verbleicht und macht einem leichten braun Platz, sie scheinen zu schrumpfen und sich in struppige Sträucher zu verwandeln. Das weiche grüne Gras und Moos formen sich zu Steinen und harten Boden. Die Hufe der Pferde klappern jetzt und kleine Staubwolken zeigen sich am Boden.
„Ich bin durstig, lass uns etwas trinken!“ Mit diesen Worten zieht Lilian die Wasserflaschen hervor und reicht Lilli eine. Sie halten an und trinken in langen Zügen das kühle Quellwasser. „Oh, wie gut das tut! Schau, Lilian, siehst du in der Ferne die niedrigen Häuser? Wie Würfel wirken sie!“ Lilian nickt. Die Häuser bedecken einen braunen Berghang. Je näher sie kommen, umso deutlicher sehen sie jetzt auch Ziegen, die an den dürren Sträuchern zerren. Sie erkennen schwarz verhüllte Gestalten, die am Rand  der gewundenen Straße langsam gehen und Tonkrüge auf dem Kopf tragen. Als sie näher kommen, erkennen sie einen Markt. An der Seite steht ein Brunnen, Frauen umlagern ihn und schöpfen Wasser in Tonkrüge, helfen sich gegenseitig, sie auf den Kopf zu stellen und verlassen den Brunnen mit wiegenden Schritten.
Sie halten die Pferde an und steigen ab. Sie führen sie zu einem Baum  nicht weit von ihnen. Die Sonne steht jetzt hoch,  die Luft glüht.
„Wir sollten uns einen Gasthof suchen, Lilli, und uns ein wenig ausruhen.  „Bist du nicht etwas müde?“ Sie nickt und trinkt noch einen Schluck. „Wir sollten die Flaschen füllen und uns erkundigen, wo wir hier eine Herberge finden können.“
Eine junge Frau mit einem Kind an der Hand nähert sich den beiden mit einem freundlichen Lächeln. Sie macht einen Knicks und stellt sich vor: “Ich bin Rina und das ist Zinna, meine Nichte. Braucht ihr Hilfe? Ihr seid doch fremd hier!“!
„Wir sind schon lange geritten und haben noch einen langen Weg vor uns, den zur Wüste Israma, ich heiße Lilian,“ er verbeugt sich, „und das ist meine Freundin Lilli!“ Bei seinen Worten ist Rina ein wenig blass geworden, so scheint es. „Da habt ihr noch einen ganzen Tag vor euch, müsst ihr wirklich dort hin?“
Beide blicken sich an. „Ja, wir müssen“, erwidert Lilian. „Aber jetzt suchen wir einen Platz zum Ausruhen. Kannst du uns helfen?“
„Oh ja, mein Onkel, Zinnas Vater,  führt eine Herberge, sie ist nicht weit von hier. Möchtet ihr dorthin? Die Karawanen, die hier durchziehen, halten auch dort. Es ist ruhig und sauber und das Essen gesund und kräftig.“
„Dann können unsere Pferde auch gut unterkommen!!“
„Ganz bestimmt! Wir haben einen großen Platz hinter dem Haus, wo die Tiere lagern können. Ihr werdet alles Nötige finden.“
„Gern nehmen wir dein Angebot an!“
„Das ist schön, Zinna kann gleich hinlaufen und ihrem Vater Bescheid sagen, dass er alles richtet. Zinna, sag ihm, Gäste kommen mit zwei Pferden!“ Die Kleine strahlt bei diesen Worten, nickt und läuft davon. 

„Geht einfach geradeaus, ihr könnt es nicht verfehlen" erklärt ihnen Rina. Es ist nicht mehr weit. Ich muss noch etwas besorgen.Es heißt „Zum Palmenhain“ und mit diesen Worten geht sie winkend davon: "Wir sehen uns nachher!"

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