4/18/2018

„Frage nicht, Lilian, nimm‘ alles so hin, was dir widerfährt und hab‘ Vertrauen in deine Kraft und dein Urteilsvermögen!“ erwiderte Iva und lächelte die beiden an.
„Danke Dir, Iva, wir möchten deine köstliche Gastfreundschaft dann bald verlassen. Du weißt, wie die Zeit drängt. Wir werden weiterreiten müssen.“
„Das sollt ihr auch. Ihr werdet so lange reiten, bis ihr an einen Fluss kommt. Dieser Fluss mündet ins Meer, in dem die Insel Sturmland liegt. Ihr werdet den Weg finden, die Zeichen könnt ihr nicht verfehlen. Eure Pferde stehen schon bereit.“
Sie erheben sich. An der Tür steht Silana. Sie danken ihr und tragen ihr Grüße auf an Rina. Dann treten sie hinaus ins Freie. Der Mond war gesunken und am Horizont zeigt eine lichte Linie, dass der Morgen bereits naht.
„Ich habe noch etwas für dich, Lilli!“ sagt Iva und zieht aus ihrem Gewand eine silberne Kette, an der eine Mondsichel hängt. „Das wird dich an mich erinnern und daran, dass auch du unverzagt vorausschauen sollst und dir keine Sorgen machen musst!“ Sie hängt Lilli die Kette um  und küsst sie zum Abschied auf die Stirn und Wangen. Lilli umarmt sie und flüstert „Danke, danke dir Iva, ich weiß nicht wie ich dir danken kann!“
Danach steigen beide auf ihre Pferde und reiten davon.

Im Sturmland
Lilians Mutter wartete indessen sehnsüchtig auf ihre und Livanas Erlösung aus den Klauen des Zauberers. Livana war in Hungerstreik getreten und das machte ihn wahnsinnig. Er hatte sich endlich am Ziel gewähnt, Livana zu seinem Eigentum zu machen und nun entzog sie sich ihm mit diesem Hungerstreik. Seine zauberische Macht schien vor ihr zu versagen, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Er konnte noch so viel Fluchen und Toben, es half nichts.
Selbst ein Umzug aus dem Häuschen am Strand in sein Schloss und eine bequeme Zimmerflucht hatte sie nicht umstimmen können. Er hatte nicht gewagt, ihr zu drohen oder sie zu quälen, denn dann wäre alles umsonst gewesen, sein Ziel zu erreichen und sie zu heiraten.
In ihrer einsamen Zimmerflucht an der anderen Seite des Schlosses, die dem Inneren der Insel zugewandt war, drehte Livana sich im Halbschlaf in ihrem Bett von einer Seite zur anderen. Sie fror um diese Nachtstunde. Das Zimmer war schwach vom Mondlicht erhellt, doch der matte Schimmer breitete sich plötzlich langsam aus und erhellte sich gleichzeitig so, dass Livana die Augen aufschlug. Sie blinkte ein paarmal, doch was sie sah, war keine Täuschung: eine lichte Gestalt, engelsgleich, die einen Stab in der Hand hielt, der an der Spitze Funken sprühte. Die Gestalt begann zu sprechen:
„Livana, hab‘ keine Angst, ich bin Iva, eine Freundin deines Bruders Lilian und seiner Freundin Lilli. Ich bin gekommen, um auch dir beizustehen wie den beiden anderen. Sie sind jetzt auf dem Weg zu dir. Bitte zeig‘ mir jetzt den Weg zum Zimmer deiner Mutter und dann besprechen wir alles Weitere.“
Livana blinzelte, sie konnte kaum glauben was sie sah und hörte.

„Woher weißt du, dass ich hier bin, Iva, und wann hast du meinen Bruder gesehen?“


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